Projektgruppe KTN-KSG: Artikelreihe Klimaschutzgesetz
Das bisherige Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg wurde zum 11. Februar 2023 zum Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz (KlimaG BW) novelliert und weiterentwickelt. Damit wurden Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels ergänzt. Die Projektgruppe Klimaschutzgesetz des Kompetenzteams Nachhaltigkeit hat sich mit dem Abschnitt 1, also den Allgemeinen Bestimmungen des KlimaG BW befasst, die Inhalte aufbereitet und kritisch hinterfragt. In einer losen Reihe werden hier sukzessive die Inhalte einzelner Paragraphen behandelt.
§ 3 Klima-Rangfolge (Autorin Judith Ottich)
(1) Bei dem Schutz des Klimas soll folgende Rangfolge in absteigender Reihe eingehalten werden:
- Vermeiden von Treibhausgasemissionen,
- Verringern von Treibhausgasemissionen und
- Versenken nicht oder mit verhältnismäßigem Aufwand nicht zu vermeidender oder zu verringernder Treibhausgase.
Auch geringen Beiträgen zum Klimaschutz kommt Bedeutung zu. Maßgeblich müssen die Bereiche Energie, Mobilität, Produktion und Konsum, Beschäftigung sowie Bauen zum Klimaschutz beitragen. Insbesondere bei energiebedingten Treibhausgasemissionen sollen das Vermeiden und Verringern der Emissionen in erster Linie durch Einsparung sowie effiziente Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie sowie durch den Ausbau und die Nutzung erneuerbarer Energien erreicht werden.
(2) Neben dem Schutz des Klimas ist die Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels geboten. Sie kann den Schutz des Klimas nicht ersetzen; ihr kommt ergänzende Funktion zu
Priorisiert werden sollen laut § 3 Klimaschutzgesetz BW Maßnahmen zur Emissionsvermeidung, danach erst folgen solche zur Verringerung und schließlich - als Notlösung gleichermaßen - das Versenken, sprich Carbon Capture and Storage (CCS).
Planung induziert Bautätigkeit und die (Um-)Gestaltung der gebauten Umwelt. Darüber ergibt sich ein Einfluss auf die Emissionen und folgende Leitfragen werden zur #Emissionsvermeidung wichtig:
- Wieviel Bautätigkeit ist überhaupt notwendig? (Ist "kreatives Unterlassen” durch schlaue Neuorganisation oder die Besinnung auf das, was tatsächlich gebraucht wird und was an Bestandspotentialen bereits vorhanden ist, möglich?) Da die Bautätigkeit eines Jahres in Deutschland im Schnitt die Betriebsemissionen sämtlicher Bestandsgebäude zusammen verursacht, müssen sich Planer:innen angewöhnen, neben der Effizienz auch die Suffizienz zu betrachten.
- Lässt sich der absolute Materialeinsatz reduzieren (Stichwort: Ressourceneffizienz)?
- Welche Materialwahl ist die emissionsärmste (Stichwort: Ressourcenschutz und Graue Emissionen)? Lassen sich Gebäudeabschnitte erhalten und weiterbauen oder Bauteile aus nahen Abrissbaustellen wiederverwenden (continued use / reuse)? Welche emissionsarmen mineralischen und welche nachwachsenden Rohstoffe lassen sich einsetzen? Hier gilt es undogmatisch eine projektspezifische Wahl zu treffen, die im Hinblick auf Emissionen im Gebäudelebenszyklus und Demontierbarkeit optimiert.
- Lässt sich der Baustellenverkehr (Transporte und Anfahrten) durch Einbeziehung der Transportemissionen in die Vergabeentscheidung minimieren? Die Einflussmöglichkeiten auf die Nachhaltigkeit von Projekten im aktuell gegebenen gesetzlichen Rahmen werden in Ausschreibung und Vergabe bisher nicht ausgeschöpft. Aus der KSG-Zielsetzung einer zukunfts- und kreislauffähigen Planung heraus, müssen Kriterien und deren Parameter neu überdacht und dann integriert werden, um eine umfassende Betrachtung und somit die Berücksichtigung vieler Aspekte hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit zu gewährleisten. Insbesondere bietet sich neben der Notwendigkeit aber auch die Chance, an der Schnittstelle zu den allgemeinen Vergabe- und Ausschreibungskriterien im Kontext der Umsetzung einer nachhaltigen Planung eine beispielhafte, zieloptimierte Weiterentwicklung voranzutreiben.
- Welchen Grad an Nutzungsmischung kann das Projekt herstellen, um die täglichen Wege der zukünftigen Nutzer:innen kurz zu halten, anstatt durch Nutzungstrennung (bspw. von Arbeit und Wohnen) zusätzlichen Verkehr zu verursachen? Das Zusammendenken von Bau und Mobilität ist gerade in der Stadtplanung unverzichtbar geworden.
- Wie lässt sich die Gebäudetechnik dekarbonisieren, nachdem die Bedarfe für Heiz- und Kühlenergie bereits durch den Entwurf minimiert wurden?
Zur #Verringerung von Emissionen im Gebäudesektor ist die energetische Gebäudesanierung ein Werkzeug. Neben der klassischen Optimierung der Gebäudehülle bauteilweise oder als Ganzes nach den Maßgabe der Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG) sind für Planer:innen und Kommunen für Emissionseinsparungen darüber hinaus relevant:
- Das Bewusstsein für Energieeinsparungen allein durch Optimierung und richtige Einstellung der vorhandenen Gebäudetechnik sowie durch energiebewusstes Verhalten der Nutzer:innen.
- Low-Tech-Entwurfsstrategien, die das Zusammenwirken des Gebäudes mit seinem Umfeld in den Blick nehmen, wie z.B. die bewusste Nutzung solarer Gewinne durch Speichermassen oder gezielte Verschattungs- oder auch Farbgebungsmaßnahmen.
- Materialwahl - ja nochmal - von CO2-reduzierten Bauprodukten schon in frühen Planungsphasen. Selbst innerhalb einer Produktgruppe kann es mehr oder weniger CO2-intensive Optionen geben.
Daneben können bei einer funktionellen Vergabe* mit entsprechenden Kriterien und Bewertungsmatrix gezielt Firmen eingebunden werden, die ihren Klima-Impact bereits reduziert haben, sodass (Um-)Baumaßnahmen weniger CO2-intensiv werden.
Das #Versenken von Treibhausgasemissionen als letzten Strohhalm betrifft zum einen die baubeteiligten Firmen (indirekt bspw. über die Materialwahl von Bauprodukten, deren Emissionen durch negative Emissionen ganz oder teilweise ausgeglichen wurden). Zum anderen können Auftraggebende und Gemeinden Ausgleichsmaßnahmen für nicht vermeidbare Emissionen veranlassen oder durch Zertifikate bei Dritten einkaufen (Achtung!).
In ergänzender Funktion nennt der Paragraph die #Klimaanpassung, da sie den " Schutz des Klimas nicht ersetzen” kann. Gleichwohl erfordert die Notwendigkeit unseren Lebensraum resilient umzugestalten v.a. koordiniertes und planungsvolles Vorgehen, sowie möglichst zielgerichtete und effektive Umbaumaßnahmen - und den Stopp des Business As Usual in Städtebau, Regional- und Landesplanung. Die Weichenstellung für gelungene Klimaanpassung, die nicht gleichzeitig das Klima weiter anheizt, ist daher aktuell noch ausbaufähig.
Handbuch für die umweltfreundliche Beschaffung, Rudolf Ley, Dietmar Altus, Michael Wankmüller, 2012
ReBAU Planungshandbuch Baustelle Ressourcenwende: Architektur
Artikelreihe zum Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz: § 3 Klima-Rangfolge
§ 5 Allgemeine Vorbildfunktion der öffentlichen Hand (Autorin Johanna Juriša)
§ 5 Allgemeine Vorbildfunktion der öffentlichen Hand
(1) Der öffentlichen Hand kommt beim Klimaschutz und der Klimawandelanpassung unter Berücksichtigung der Klima-Rangfolge in ihrem Organisationsbereich eine allgemeine Vorbildfunktion zu. Dies gilt, sofern die Organisation der Aufgabenerledigung nicht abschließend durch Bundesrecht geregelt ist oder eine gemeinsame Umsetzung von Maßnahmen durch das Land mit dem Bund oder der Europäischen Union vorgesehen ist.
(2) Die Gemeinden und Gemeindeverbände erfüllen die Vorbildfunktion in eigener Verantwortung. Sie betreiben Klimaschutz und Klimawandelanpassung auch bei einem Tätigwerden innerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge; Klimaschutz und Klimawandelanpassung sind öffentliche Aufgaben gemäß § 2 Absatz 1 der Gemeindeordnung und § 2 Absatz 1 Satz 1 der Landkreisordnung. Das Land wird die Gemeinden und Gemeindeverbände beim Klimaschutz und der Klimawandelanpassung unterstützen. Näheres soll in einer Vereinbarung zwischen Land und kommunalen Landesverbänden beschlossen werden.
(1) Um die Ziele des Klimaschutzes und jetzt auch neu der Klimawandelanpassung zu erreichen, soll die öffentliche Hand beispielhaft eine Vorbildfunktion übernehmen. Öffentliche Hand sind das Land, die Gemeinden und die Gemeindeverbände sowie alle aufgrund eines Landesgesetzes eingerichteten Körperschaften des öffentlichen Rechts (mit Ausnahme von Religionsgemeinschaften), aber auch alle privatrechtlichen Unternehmen und Organisationen, an denen die Vorgenannten eine Mehrheit haben.
Die Vorschrift des § 5 KlimaG bedeutet, dass sich die betroffenen Rechtspersonen in ihrem gesamten Organisationsbereich – außer für Aufgaben, die für Bund oder EU übernommen werden – insbesondere auch an die in § 3 näher erläuterte Klimarangfolge zu halten haben: 1. Vermeiden von Treibhausgasemissionen, 2. Verringern von Treibhausgasemissionen, 3. Versenken von Treibhausgasemissionen.
Das Land Baden-Württemberg hat sich zum Ziel gesetzt, die Landesverwaltung bis zum Jahr 2030 netto-treibhausgasneutral zu organisieren.
(2) Unter die kommunale Daseinsvorsorge fallen z. B. die Stadtplanung und Stadtentwicklung, der soziale Wohnungsbau, die kommunale Wirtschaftsförderung in Form der Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur, die Förderung von Kultur, Bildung und Sport, der öffentliche Personennahverkehr, die Wasser- und Energieversorgung sowie die kommunale Entsorgungswirtschaft (Abfall und Abwasser). Bei all diesen Aufgaben sind die Aspekte von Klimaschutz und Klimawandelanpassung vorbildhaft zu berücksichtigen.
Die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand wird unter anderem im 4. Klimaschutzpakt 2023/2024 des Landes Baden-Württemberg mit den kommunalen Landesverbänden vom 3. April 2023 definiert. Hier werden Regelungen zur Vorbildfunktion in der Kommunalverwaltung (A), zum Kommunalen Klimaschutz (B) und zu Unterstützungsmaßnahmen (C) von Seiten des Landes getroffen. Allerdings obliegt die Erfüllung dieser Vorbildfunktion den Gemeinden und Gemeindeverbänden selbst, es findet also keine Überprüfung oder Kontrolle statt. Im Bereich des Bauens wird über das CO2-Minderungsprogramm die energetische Sanierung kommunaler Gebäude gefördert.
§ 6 Allgemeine Verpflichtung zu Klimaschutz und Klimawandelanpassung; Informationsbereitstellung (Autorin Johanna Juriša)
§ 6 Allgemeine Verpflichtung zu Klimaschutz und Klimawandelanpassung; Informationsbereitstellung
(1) Jede Person soll nach ihren Möglichkeiten zur Verwirklichung der Ziele des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung unter Berücksichtigung der Klima-Rangfolge beitragen.
(2) Das allgemeine Verständnis für die Ziele des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung ist mit geeigneten Mitteln zu fördern. Die staatlichen, kommunalen und privaten Erziehungs-, Bildungs- und Informationsträger sollen nach ihren Möglichkeiten über Ursachen und Bedeutung des Klimawandels sowie die Aufgaben von Klimaschutz und Klimawandelanpassung aufklären und das Bewusstsein für einen sparsamen Umgang mit Energie fördern.
(3) Die Landesregierung und die jeweils zuständigen Ministerien stellen Informationen zum Zweck dieses Gesetzes sowie seinen Zielsetzungen, Strategien, Maßnahmen und Instrumenten in gebündelter Form einfach zugänglich, transparent und verständlich bereit.
§ 6 legt die allgemeine Verpflichtung zur Unterstützung von Klimaschutz und Klimawandelanpassung fest und regelt die Informationsbereitstellung. Dieser Paragraf hat das Ziel, die Bevölkerung für den Klimaschutz zu sensibilisieren und Informationen leicht zugänglich zu machen.
(1) Alle Bürgerinnen und Bürger sind aufgefordert, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beizutragen. Dabei sollen sie die in § 3 festgelegte Klima-Rangfolge beachten, die darauf abzielt, Treibhausgasemissionen zuallererst zu vermeiden, zu verringern und, soweit die erstgenannten nicht möglich sind, sie zu versenken.
- Diese Verpflichtung gilt für ALLE. Sie haben sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und den eigenen Lebenswandel kritisch zu hinterfragen. Diese Verpflichtung muss den Bürger:innen bewusst sein
- Architektinnen und Architekten MÜSSEN nachhaltig planen
- Kosten dürfen nicht länger als Totschlagargument dienen. Wenn mit Kosten argumentiert wird, dann nur unter Berücksichtigung von grauer Energie im Gebäudelebenszyklus. (Jedoch mit geeigneten Rechenregeln und nicht wie unter den derzeitigen QNG-Kriterien, bei denen Gebäude mit möglichst viel unbeheizter Fläche am Ende besser dastehen als Gebäude die ohne Keller, Tiefgaragen und/oder unbeheizten Dachraum auskommen).
(2) Festlegung, dass staatliche, kommunale und private Erziehungs-, Bildungs- und Informationsträger dazu beitragen sollen, das allgemeine Verständnis für die Ziele des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung zu fördern. Dabei sollen sie über die Ursachen und die Bedeutung des Klimawandels aufklären und das Bewusstsein für einen sparsamen Umgang mit Energie stärken.
- Klimaschutz und Klimawandelanpassung muss in jeder Ausbildung und jedem Studium präsent sein, und dies nicht nur als Nebenfach oder Randthema
(3) Hier werden die Landesregierung und die zuständigen Ministerien dazu aufgefordert, Informationen über das Gesetz, seine Ziele, Strategien, Maßnahmen und Instrumente in verständlicher Form einfach zugänglich und transparent zur Verfügung zu stellen. Dies ermöglicht es der Öffentlichkeit, sich aktiv am Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel zu beteiligen.
- Momentan werden keine leicht auffindbaren Informationen auf der Homepage des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen (MLW) BW bereitgestellt
- Das MLW verweist auf das Klimamaßnahmenregister, das auf der Homepage des Umweltministeriums BW aufzufinden ist
- Da im Vergleich zu 1990 im Gebäudesektor 49 % weniger Emissionen (CO2-Äquivalenten) bis 2030 ausgestoßen werden sollen, wären mehr Informationen durch das MLW in diesem Bereich sehr erfreulich
Auf die Nachfrage beim MLW erhielt das Kompetenz-Team die Antwort, dass eine Verlinkung zum Klimamaßnahmenregister auf der MLW- Homepage geprüft wird
§ 7 Klima-Berücksichtigungsgebot (Autorin Monika Fritz)
§ 7 Klima-Berücksichtigungsgebot
Die öffentliche Hand hat im Rahmen ihrer Zuständigkeit bei Planungen und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung beschlossenen Ziele bestmöglich zu berücksichtigen. Die Landesregierung bestimmt das Nähere durch Verwaltungsvorschrift.
Im Klima-Berücksichtigungsgebot wurde die Vorbildfunktion für die öffentliche Hand konkretisiert und mit einer. Anwendungs- und Umsetzungspflicht hinsichtlich der gesetzlichen Ziele verschärft (Definition „Öffentliche Hand“ in § 2 Absatz 3 KlimaG; siehe Ausführungen zu § 5 Vorbildfunktion) Die Landesverwaltung soll bis 2030 die Netto-Treibhausgas-Neutralität erreichen und die zur Erfüllung des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungs-Gesetzes beschlossenen Ziele bestmöglich berücksichtigen. Eine weitergehende Definition zu diesem Paragrafen 7 wurde von der Landesregierung im „Energie- und Klimaschutzkonzept für Landesliegenschaften 2030“ vorgelegt. Dieses Konzept gliedert sich u.a. in die folgenden Handlungsfelder und Maßnahmen:
Gebäude- und Flächen-Effizienz
Dies soll durch eine effizientere Nutzung bestehender und die Begrenzung des Zuwachses landeseigener Flächen erreicht werden. Mittelfristig soll der Flächenbedarf reduziert werden. Bis zum Jahr 2030 sollen, ausgehend von einem Referenzzeitpunkt 1. Januar 2022, die von der Landesverwaltung genutzten Büroflächen gemäß DIN 277 (Nutzungsfläche NUF 2) um 20 Prozent reduziert werden. Dazu erarbeiten die verschiedenen Nutzer Vorschläge. Durch den Sanierungsstau und die im Gegensatz zum Planungszeitraum oft dichtere Belegung von älteren Häusern sind manche Nutzer zurzeit nicht angemessen untergebracht. Forderungen wie z.B. die der Barrierefreiheit oder aus dem Arbeitsstättenrecht wurden bislang in den Altbauten kaum oder gar nicht umgesetzt und führen häufig zu einer Flächenmehrung. Um Potentiale erkennen und bewerten zu können, muss die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden. Momentan wird nach augenscheinlichem Leerstand bewertet. Mit einem Monitoring wäre eine belastbare Auswertung möglich, die für die Nutzer einen positiven Nebeneffekt in Form eines einfachen Buchungssystems hätte. Die Folge ist eine weitere technische Ausstattung der Räume und ein noch zu implementierendes System. Grundsätzlich gehören im Sinne einer Priorisierung der Schutzgüter die Richtlinien und Vorgaben auf den Prüfstand, die ursächlich für eine Flächenmehrung sind.
Sanierung vor Neubau:
Nur noch in begründeten Ausnahmefällen sind Neubauten möglich. Für Ersatzbauten gilt die Regel, dass 20% der Bestandsfläche einzusparen ist und die Bestandsfläche nach Fertigstellung des Ersatzneubaus aus der Flächenbilanz des Landes zu entnehmen ist. Eine deutliche Steigerung der Sanierungsquote muss das vorrangige Ziel sein. Eine Sanierung im laufenden Betrieb ist jedoch gut abzuwägen. In Ausnahmefällen bei hochtechnischen Gebäuden kann diese aufgrund der Einschränkung der Rahmenbedingungen zu schlechter Qualität und damit geringer Nachhaltigkeit der Sanierung führen.
Graue (Treibhausgas-) Emissionen
sind so weit wie möglich zu reduzieren. Sanierungen verursachen weniger Emissionen als Neubauten und sind daher auch hier der richtige Weg. Seit 2023 werden graue Emissionen ermittelt und nachrichtlich ausgewiesen. Mit der Anwendung eines CO2-Schattenpreises sollen die Anstrengungen forciert und in Machbarkeitsstudien berücksichtigt werden.
Energiestandard
Verwaltungsneubauten sind als Effizienzhaus Plus und Sanierungen als Effizienzhaus 40 zu planen. Sanierungen sind nur noch mit Klimaschutzwirkung zulässig. Die KfW-Einfamilienhaus-Standards mit ihrem Bezug auf das virtuell modellierte Referenzgebäude halten wir für prinzipiell problematisch. Oft gibt es einen Widerspruch zwischen Vorgaben wie denen eines hocheffizienten Passivhauses und dem Klimaschutz. Hier wäre anstelle allzu strikter und dogmatischer Vorgaben mehr Vertrauen in die Kompetenz von Mitarbeitern und Architekten angebracht.
Photovoltaik
ist auf allen (geeigneten) Dächern umzusetzen. Die Infrastrukturbereitstellung für den Netzanschluss und die Sanierungen müssen Hand in Hand gehen, damit die neu installierte Leistung an erneuerbarer Energie auch tatsächlich abrufbar wird und fossile Stromerzeugung im Netz ersetzen kann.
Klimafolgenanpassung – Schutz gegen sommerliche Überhitzung
Der Kühlbedarf soll durch architektonische Mittel so weit wie möglich reduziert und durch passive und/oder umweltfreundliche Maßnahmen umgesetzt werden. Der Leitfaden zur Kühlung in Landesgebäuden wird weiterentwickelt. Allerdings wird eine dichtere Belegung (aufgrund der Flächeneffizienz) zu einer steigenden Notwendigkeit von künstlicher Be- und Entlüftung und Kühlung führen – die Behaglichkeit sollte nicht außer Acht gelassen werden; die Arbeitsschutzvorschriften mit den Regeln für Arbeitsstätten (ASR) sind einzuhalten. In diesem Kapitel fehlen in unseren Augen Aspekte der resilienten Außenraum-Gestaltung in Hinblick auf Überhitzung, aber auch auf Starkregen-Ereignisse (Schwammstadt).
- Photovoltaik ist auf allen (geeigneten) Dächern umzusetzen. Die Infrastrukturbereitstellung für den Netzanschluss und die Sanierungen müssen Hand in Hand gehen, damit die neu installierte Leistung an erneuerbarer Energie auch tatsächlich abrufbar wird und fossile Stromerzeugung im Netz ersetzen kann.
Klimaneutrale Wärmeversorgung
Landeseigene Gebäude werden schnellstmöglich und parallel zu technologischen Entwicklungen auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung umgestellt. Bei dem gewaltigen Sanierungsstau ist der Energiebedarf der Bestandsimmobilien immens. Die finanziellen und personellen Mittel reichen aktuell nicht, um energetische Sanierungen und Wärmewende parallel zu lösen. Entweder müssen die Mittel für die Kraftanstrengung der zeitgleichen Transformation bereitgestellt werden oder es ist eine Priorisierung mittels High-Impact-Analyse vorzunehmen. Dazu ist eine Fokussierung bei Sanierungen, Wärmenetzbau und -anschlüssen auf Bereiche mit Clustern von Worst Performing Buildings notwendig (die größten Lecks zuerst schließen).
Artikelreihe zum Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz: § 7 Klima-Berücksichtigungsgebot
§ 8 CO2-Schattenpreis (Autor Markus Tresser)
§ 8 CO2-Schattenpreis
(1) Bei der Planung von Baumaßnahmen betreffend Liegenschaften des Landes, insbesondere bei dem Neubau und der Sanierung von Bauwerken im Eigentum des Landes, ist im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen ein rechnerischer Preis entsprechend des vom Umweltbundesamt wissenschaftlich ermittelten und empfohlenen Wertes für jede über den Lebenszyklus der Maßnahme entstehende Tonne Kohlenstoffdioxid zu veranschlagen (CO2-Schattenpreis). Dies gilt nur, wenn das Land selbst über die Bauherreneigenschaft verfügt oder zum Zeitpunkt der Entscheidung des Neubaus eines Bauwerks feststeht, dass dieses in das Eigentum des Landes übergeht. Der CO2-Schattenpreis gelangt insbesondere bei Baumaßnahmen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg, der Wasserwirtschaftsverwaltung Baden-Württemberg, der Straßenbauverwaltung Baden-Württemberg und der Anstalt des öffentlichen Rechts Forst Baden-Württemberg zur Anwendung.
(2) Der CO2-Schattenpreis soll auch bei der Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen durch das Land angewendet werden. Die Landesregierung regelt das Nähere durch Verwaltungsvorschrift.
(3) Die Bepreisung von Treibhausgasemissionen nach anderen Bestimmungen bleibt unberührt.
(4) Der CO2-Schattenpreis ist erstmalig für Maßnahmen zu veranschlagen, mit deren Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ab dem 1. Juni 2023 begonnen wird.
(5) Das Finanzministerium, das Umweltministerium, das Verkehrsministerium und das Ministerium Ländlicher Raum werden ermächtigt, gemeinsam durch Rechtsverordnung nähere Regelungen zu dem CO2-Schattenpreis bei Baumaßnahmen gemäß Absatz 1 zu treffen, insbesondere über
1. die Festlegung der Anwendung anderer Instrumente anstelle des CO2-Schattenpreises für einzelne Anwendungsbereiche, soweit diese mindestens die gleiche Wirkung entfalten wie der CO2-Schattenpreis, wobei die Methodenkonvention zur Ermittlung von Umweltkosten des Umweltbundesamtes zu berücksichtigen ist,
2. die Festlegung und Anpassung der Höhe des CO2-Schattenpreises für einzelne Anwendungsbereiche,
3. die Art und Weise der Ermittlung der Kohlenstoffdioxidemissionen,
4. die sachliche Reichweite der Kohlenstoffdioxidbilanzierung,
5. einen abweichenden Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des CO2-Schattenpreises in einzelnen Anwendungsbereichen,
6 Konkretisierungen der einzelnen Anwendungsbereiche des CO2-Schattenpreises und sachlich begründete Ausnahmen von dessen Anwendung sowie
7. Bagatellgrenzen, bei denen der CO2-Schattenpreis nicht angewendet werden muss.
(6) Den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird empfohlen, für die Planung von Baumaßnahmen sowie die Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen in eigener Zuständigkeit einen CO2-Schattenpreis einzuführen.
Durch den Paragrafen 8 des KlimaG BW wurde die Bepreisung von CO2 im Planungsprozess von Bauwerken des Landes eingeführt (aktuell mit 250€/t). Damit wird sichergestellt, dass die Auswirkungen der CO2-Emmissionen bei der Erstellung, Betrieb und Rückbau von Bauwerken in Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen mitberücksichtigt werden. Dabei werden die während des Betriebs des Bauwerks entstehenden Emissionen, beispielsweise durch Heizen und Kühlen, aber auch die bei der Erstellung und Rückbau des Bauwerks erzeugten Grauen Emissionen, welche in Baumaterialien, -produkten und -werken gebundenen sind, berücksichtigt. Aufgrund immer besser werdender Energieeffizienz von Bauwerken durch wärmedämmende Gebäudehülle und energiesparende Gebäudetechnik, gewinnen die Grauen Emissionen gegenüber den betriebsbezogenen Emissionen zunehmend an Relevanz.
Um die Berücksichtigung der CO2-Emissionen bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von Bauleistungen und -produkten langfristig zu etablieren und zu nutzen, sollte deren Berechnung Anforderungen an Transparenz, Glaubwürdigkeit, Einheitlichkeit, Personal- und Kosteneffizienz sowie Ganzheitlichkeit erfüllen.
Allgemein
- Die Anwendung des CO2-Schattenpreises ist in Baden-Württemberg durch die “CO2-Schattenpreis-Verordnung" geregelt und verweist auf allgemein anerkannten Regeln der Technik, soweit diese vorhanden sind.
- Für die Ökobilanzierung über den Lebenszyklus von Bauprodukten sind die DIN EN 15804 und von Gebäuden die DIN EN 15978 die anerkannten Regeln. Sie regeln als einen von 13 Kernindikatoren die Berechnung des „Treibhauspotenzial insgesamt (GWP-gesamt)“ und damit der CO2-Emissionen.
- Die 142. Bauministerkonferenz erbittet in ihrem Positionspapier „Bestand stärken“ vom November 2023 von der Bundesregierung mit dem Punkt “2. Den Bestand richtig bewerten” eine Erleichterung der Bilanzierung.
Transparenz, Glaubwürdigkeit
- Aufbauend auf DIN EN 15804 gibt es in Deutschland eine gut dokumentierte Datengrundlage der CO2-Emissionen von Bauprodukten, welche in der Datenbank ÖKOBAUDAT durch das zuständige Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) transparent und überprüfbar zur Verfügung gestellt wird. Durch diese Transparenz und die Trägerschaft des Bundes haben die Angaben der ÖKOBAUDAT, auch ohne Zertifizierung, ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit und werden auch von Planer:innen und Behörden in europäischen Nachbarländern genutzt.
Einheitlichkeit
- Die ÖKOBAUDAT ist eine nationale deutsche Plattform. Eine einheitliche europäische Plattform für Ökobilanzen von Bauprodukten existiert aktuell nicht. Dies kann bei einer europaweiten Ausschreibung von Bauprojekten, aber auch beim direkten Vergleich der Ökobilanzen von Ländern ein Hindernis sein. Mit Level(s) existiert ein gemeinsamer EU-Rahmen für Indikatoren. Speziell für CO2 ist der Indikator „Level(s)-Indikator 1.2: Erderwärmungspotenzial (GWP) entlang des Lebenszyklus Berechnung“ europäisch festgelegt. Diesem Indikator liegen aber jeweils national unterschiedliche, nach Regeln der EN 15804, ermittelte Daten zugrunde. Eine einheitliche europäische Berechnungsgrundlage für Gebäude existiert aktuell nicht. Dies ist bei der regionalen Anwendung in Baden-Württemberg nur im Zusammenhang mit europaweiten Ausschreibungen relevant.
Personal- und Kosteneffizienz
- Die CO2-Berechnung ist im Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg verankert, um das Ziel der Reduzierung der CO2-Emissionen im Gebäudesektor zu erreichen. Um dieses Ziel mit wenig Kapital- und Arbeitseinsatz zu erreichen, ist eine vollautomatische Berechnung der CO2-Emissionen in der Ausschreibungsphase sinnvoll. Die Automatisierung könnte potenziell für die fortwährende Aktualisierung der Berechnung in Prozessen der Vorplanung, Planung, Bauwerkserstellung, Bauwerksnutzung und des Bauwerkumbaus bzw. -rückbaus erweitert werden. Eine verbindliche Qualitätskontrolle und Zertifizierung der zu benutzenden Software würde die Glaubwürdigkeit der Berechnungsergebnisse für die Ökobilanz von Gebäuden unterstützen. Die durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) entwickelte Software eLCA (bauteileditor.de) ist aktuell noch in der Betaphase .Ob sich diese Lösung in die oben genannten Prozesse integrieren lässt, um zum jeweiligen Stand des Projekts plausible Ergebnisse für die CO2-Emissionen zu liefern und das Projekt dementsprechend zu steuern und umplanen zu können, ist unklar. Es ist somit unklar, ob eine effiziente projektbegleitende vollautomatische Berechnung des CO2-Potentials unter den aktuellen Randbedingungen möglich ist.
Ganzheitlichkeit
- Die Daten für Bauprodukte aus der ÖKOBAUDAT sind in Deutschland für den Teilbereich des derzeit noch üblichen linearen Wirtschaftens bzw. für den Cradle-to-Grave-Ansatz nutzbar. Für eine ganzheitliche Betrachtung, in einer Circular Economy oder dem zirkulären Wirtschaften, mit geschlossenen Kreisläufen für Gebäude, Produkte und Materialien und dem ganzheitlichen Cradle-to-Cradle-Ansatz wurde die ÖKOBAUDAT ursprünglich nicht konzipiert.
- Die Wiederverwendung von Bauprodukten und das Recycling von Baumaterialien, welches bei der europäisch angestrebten Transformation hin zur Circular Economy oder zum zirkulären Wirtschaften von der Ausnahme zum Regelfall werden muss, kann zwar durch Methoden der EN 15804 ökobilanziert werden. Die Anwendung der Methoden ist aber nicht einheitlich geregelt. Durch den Cradle-to-Cradle-Ansatz verletzt man die in der Norm festgelegten Systemgrenzen. Die ursprüngliche Ausrichtung der EN 15804 auf lineares Wirtschaften ist eine grundlegende Herausforderung, für welche es noch keine national oder europäisch abgestimmte Lösung gibt. Die ganzheitliche Berechnung der Ökobilanz von wiederverwendeten Bauprodukten und rezyklierten Materialien erfordert einheitliche Vorgaben, um Vorteile gegenüber Primärrohstoffen zu dokumentieren und die notwendige Transformation hin zu einer Circular Economy zu unterstützen. Die dazu sinnvollen Anpassungen der Normen EN 15804 und EN 15978, sowie der Regelung ihrer Anwendung, muss jetzt unterstützt werden, da dieser Vorgang mehrere Jahre benötigten wird.
- Kurzfristig können Transformationsfördermöglichkeiten, wie das vereinfachte Ansetzen von wiederverwendeten Bauprodukten und rezyklierten Materialien mit CO2-Emissionen von 0 kg CO2-Äq/t plus Transport-Emissionen, angewendet werden. Dieser Ansatz entspricht nicht den tatsächlichen Emissionen, würde die ganzheitliche CO2-Berechnung aber vereinfachen und einen Auf- und Ausbau des Marktes für wiederverwendete Bauprodukte und rezyklierte Materialien fördern. Dieser Ansatz ist praktikabel und man kann auf Erfahrungen aus anderen Ländern wie beispielsweise Dänemark zurückgreifen.
Aktuelle Umsetzung:
- In Baden-Württemberg wurde im März 2024 für die Berechnung der Grauen Emissionen bei Projekten der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg durch die Informationsstelle Wirtschaftliches Bauen (IWB) ein Prototyp des Tools „Graue Emission“ fertiggestellt und die Pilotphase gestartet. Das Tool ermöglicht durch die Nutzung statistischer Werte von Gebäude- und Bauteiltypen eine schnelle Abschätzung der Grauen Emissionen in den frühen Planungsphasen. Dadurch sind die Planenden in der Lage, einen Variantenvergleich in der frühen Projektphase durchzuführen, die für den Ressourcenverbrauch und den Anteil der Grauen Emissionen maßgebend ist. Durch diesen Ansatz bietet das Tool auch eine neue quantitative Entscheidungshilfe zwischen Sanierung und Neubau. Von den oben genannten Kernpunkten erfüllt das Tool, auch ohne Automatisierung, im hohen Maße Anforderungen an Personal- und Kosteneffizienz. Eine weitere Entwicklung hin zu Einheitlichkeit und Ganzheitlichkeit ist stark von der weiteren Entwicklung der Regulatorik abhängig. Rechtlich sind, durch die Novellierungen der Energy Performance of Buildings Directive (EPBD – EU-Gebäuderichtlinie) und der Construction Products Regulation (CPR – EU-Bauproduktenverordnung) vom April 2024, Vorgaben für die Berechnung der Grauen Emissionen europäisch geregelt. Die praktische Umsetzung dieser Vorgabe ist eine aktuelle Herausforderung für den Bausektor. Durch die Anwendung des §8 CO2-Schattenpreis Klima BW und die Erstellung des Tools “Graue Emission”, verfügt die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg bereits über ein Werkzeug für eine mögliche Umsetzung.
- Landesrecht-BW: CO2-Schattenpreis-Verordnung - CO2-SP-VO
- Der CO2-Schattenpreis in der Wasserwirtschaftsverwaltung – Arbeitshilfe
- Umweltbundesamt: Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen
Artikelreihe zum Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz:
§ 8 CO2-Schattenpreis (Autor Markus Tresser)
§ 9 Förderprogramme (Autor Hannes Bäuerle)
§ 9 Förderprogramme
(1) Förderprogramme des Landes sind bei erstmaligem Erlass, Fortschreibung oder Änderung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Zweck dieses Gesetzes und den zu seiner Erfüllung beschlossenen Zielen vom fachlich zuständigen Ministerium zu prüfen. Das Ergebnis der Prüfung ist aktenkundig zu machen. Von der Prüfung ausgenommen ist die Beteiligung des Landes an Förderprogrammen von Bund und Europäischer Union. Die Einzelheiten regelt die Landesregierung in einer Verwaltungsvorschrift, insbesondere zu Art, Umfang und Verfahren der Prüfung.
(2) Die Förderprogramme des Landes für den kommunalen Hochbau sollen den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens Rechnung tragen. Darüber hinaus sollen die Förderprogramme des Landes für den Hochbau, die Nichtwohngebäude zum Gegenstand haben, den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens grundsätzlich Rechnung tragen. Wer sich um eine Förderung gemäß Satz 1 und 2 bewirbt, hat die Prüfung der Grundsätze des nachhaltigen Bauens nachzuweisen. Das Nähere wird durch Verwaltungsvorschriften für den jeweiligen Zuwendungsbereich geregelt.
(3) Förderprogramme des Landes sollen spätestens bis zum Jahr 2040 so ausgestaltet werden, dass sie nettotreibhausgasneutral sind. Die Landesregierung evaluiert im Jahr 2030 den Stand der Umsetzung dieser Zielsetzung.
Mit dem KlimaG BW hat die Landesregierung einen wichtigen Grundstein zum zukünftigen Umgang mit den vermeidbaren und unvermeidbaren Folgen des Klimawandels gelegt und wichtige Weichen in Richtung Klimaneutralität gestellt. Nun gilt es, auf dieser Basis konkrete Maßnahmen festzulegen bzw. zu initiieren, um die Inhalte bzw. Zielsetzung dieses Gesetzes zu realisieren. Diese einerseits zwangsläufig notwendigen Maßnahmen werden jedoch nur dann zur Umsetzung kommen, wenn es andererseits geeignete Förderprogramme gibt, die sowohl für die öffentliche Hand als auch für private Investoren Anreize setzen, sich dieser elementaren Aufgabe zu stellen.
Daher ist es notwendig, sowohl die bestehenden Förderprogramme fortzuschreiben und an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen, als auch neue, zukunftsgerichtete Programme aufzustellen. Dabei müssen geeignete Maßnahmen in der Förderung definiert werden und die Eigentumsverhältnisse Beachtung finden. Rund Zweidrittel des Flächeneigentums in Baden-Württemberg befinden sich in privatem Besitz („wem gehört die Stadt“) und somit können und müssen auch die Privateigentümer einen wesentlichen Beitrag zur Klimaanpassung leisten. Weiterhin gilt es nicht nur bauliche Maßnahmen im Hochbau und bei Gebäuden zu fördern, sondern vorrangig auch Maßnahmen in der Fläche zur Klimawandelvorsorge und -verbesserung.
Hinsichtlich der Förderprogramme gilt es, diese vor allen kurzfristig aufzustellen und inhaltlich eine hohe „Förderflexibilität“ aufzeigen, um auch auf die sich stetig wandelnden Klimaereignisse entsprechend reagieren zu können. Darüber hinaus müssen die Zugangsmöglichkeiten zur Beantragung und der Programmablauf bei den bestehenden Förderungen deutlich verschlankt werden, um die Attraktivität der Förderung nicht durch hohen Verwaltungsaufwand zu negieren.
Förderprogramme müssen allerdings auch verlässlich sein, um die erforderliche Planungssicherheit zu gewährleisten. Dazu gehören sowohl eine ausreichende Mittelausstattung als auch Förderbedingungen, die Bestand haben und nicht immer wieder kurzfristig geändert oder angepasst werden. Bei neuen Förderprogrammen sollten auch neue Wege beschritten werden, um die zeitlichen Abläufe zu verkürzen und schnell in die planerische als und auch bauliche Umsetzung zu kommen.
Zum einen gilt es, die nicht überbauten Flächen mit geeigneten Maßnahmen zu sichern und qualitativ (ökologisch) aufzuwerten, sowie versiegelte Bereiche nachhaltig zurückzubauen, um den Versiegelungsgrad langfristig zu reduzieren. Hierbei muss im Bestand das planerische Augenmerk vor allem auf die den Schutz der rund 38% Wald- und Offenlandfläche und die der 1,1% Wasserfläche der baden-württembergischen Gesamtfläche gelegt werden. Denn diese Flächenräume tragen wesentlich zur Verbesserung des Klimas bei und sorgen ebenso für eine Reduzierung der Klimafolgeschäden.
Zum anderen gilt es, bei Planungen vor allem den Bestandserhalt von Gebäuden, Umbaumaßnahmen an Gebäuden und klimatische Verbesserungen zu fördern. Dabei ist notwendig, den Lebenszyklus von Gebäuden zu berücksichtigen und die Materialwahl in die Fördermittelbetrachtung einzubinden. Graue Energie muss soweit möglich im Bestand verbleiben, und ebenso müssen alle drei Phasen – Herstellung, Betrieb und Rückbau – berücksichtigt werden. Grundsätzlich sollten Bauweisen und technische Systeme gefördert werden, die mit einfachen, aber sehr dauerhaften und ressourcenschonenden baulichen Komponenten errichtet und betrieben werden können.
Artikelreihe zum Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz:
§ 9 Förderprogramme (Autor Hannes Bäuerle)